Photo: Benjamin Renter


TEXTE und Bilder / TEXTS and Images




Jasmina Al-Qaisi & Mikhail Lylov – Sharing Tomatoes With the Slugs
An installation with text, sound and image


Unser Gespräch über das Teilen führte uns zurück zu den Erfahrungen, die man macht, wenn man in einem der ehemals sozialistischen Länder aufwächst. Wir sprachen über Subsistenz- und DIY-Kulturen, die eine soziale Abwertung erfuhren, während der Konsum Mitte der neunziger Jahre zu einem sichtbaren Maßstab für Kultiviertheit wurde. Wir erinnerten uns an Erfahrungen informeller kollektiver Pädagogik, die in Küchen, Gärten, Straßen, vor und hinter unseren Häusern, in nahegelegenen Wäldern und an Flussufern stattfand. Dort fanden wir Poesie über das Tätigsein. Wurden und werden diese Erfahrungen unser Wissen über Dinge, die wir nicht in einem Geschäft kaufen können, durchkreuzen? Beeinflussen eine falsch buchstabierte Erinnerung, eine Suppe, die an Großmutters Suppe erinnert, ein staubiger, warmer Wind und Zahnschmerzen durch kaltes Wasser die Art und Weise, wie wir teilen? Wann und wo wurde die schmale Grenze zur Kommerzialisierung überschritten, und hat jemand dem zugestimmt? 


Wie früh in unserem Leben verwischen wir unmerklich die Grenze zwischen Dingen, die absolut wichtig sind, und Dingen, die nur deshalb einen Wert haben, weil sie künstlich verknappt werden (oh diese steigenden Lebenshaltungskosten, oh diese nährstoffarmen, riesigen Früchte, oh all die Nachbarn, die wir nicht kennen)? Wir stellten uns in den Garten und diskutierten diese Fragen mit einer Gruppe von Kindern, während wir auf Schnecken starrten. Das Projekt Sharing Tomatoes With the Slugs ist ein Prozess des Austauschs, ein Vorwand, um der Zukunft zuzuzwinkern und dabei mit unseren räumlichen Wurzeln in Berührung zu bleiben. Die materiellen Ergebnisse dieses Prozesses werden in der Ausstellung in Form einer Sammlung von visuellen Gedichten und einer Soundarbeit für eine Radioaktion präsentiert.


Our conversation about sharing took us back to experiences of growing up in different parts of post-socialist geographies. We spoke about subsistence and DIY cultures becoming pejorative social attributes, while consumption became a visible measure of culturedness in the mid-nineties. We recalled experiences of informal collective pedagogies happening in kitchens, gardens, streets, in front and back of our houses, in nearby forests, on riverbanks. There we found the poetry of being active. Did and will these experiences affect our knowledge of things that we can’t buy in a shop? Do a misspelled memory, a soup resembling grandmother’s soup, dusty warm wind and cold-water tooth pain inform how we share? When and where was the fine line of experience crossed towards commodification and did anyone consent to it? 


How early in our lives do we imperceptibly blur the boundaries between things of utter importance and things are considered as valuable only because they are artificially made scarce (oh these rising costs of living, oh these low-nutrient, huge fruits, oh all these neighbors we do not know)? We stoodin the garden and discussed these issues with a group of kids while staring at slugs. Sharing Tomatoes With the Slugs is a process of exchange, an excuse to wink at the future while keeping in touch with our spatial roots. The material results of this processare presented in the exhibition as a collection of visual poems and a sound work for a radio action.



















Chto Delat – Culture without a House – A Rose without Roots
Toward a History of Rosa’s House of Culture
Rosa’s House of Culture, St. Petersburg 2015–2022 

Realisierung: Dmitry Vilensky, Tsaplya Olga Egorova und Ada Abdrushevitch 


Rosa’s House of Culture war ein Sozial- und Bildungszentrum, das 2015 von dem Kollektiv Chto Delat in St. Petersburg gegründet wurde. Es wurde im Mai 2022 gezwungen, seine Tätigkeit einzustellen, da es wegen seiner antimilitärischen Haltung verfolgt wird. In den sieben Jahren seines Bestehens wurde Rosa’s House of Culture zur Heimat vieler Aktivisten, Künstler, Forscher, Dichter und Musiker. Hunderte von Veranstaltungen (mit einer Intensität von 8–10 öffentlichen Veranstaltungen pro Monat) wurden hier abgehalten: Vorträge, Filmvorführungen, Partys, gemeinsame Mahlzeiten, Workshops, Gewerkschaftstreffen... Unser Raum, der dreimal seinen Standort in der Stadt wechselte, wurde zu einem geselligen Treffpunkt, an dem man sich zum Teetrinken hinsetzen, Bücher aus der Zetkin Bibliothek lesen, Gleichgesinnte finden und gemeinsam etwas unternehmen konnte. Jetzt blicken wir auf unsere Erfahrung des Zusammenlebens, der Bildung und der politischen Auseinandersetzung zurück und versuchen zu verstehen, wie eine Gemeinschaft, die ihre Heimat und ihren Lebensraum verloren hat, überleben kann. 

Die Ausstellung umfasst eine poetische Diashow, die auf der Dokumentation der Aktivitäten des Rosa’s House of Culture und der von seinen Teilnehmern an verschiedenen befreundeten Orten durchgeführten Veranstaltungen basiert. Die Ausstellung enthält auch eine Tapete, die auf der Zeitung Houses of Culture. Yesterday-Now-Tomorrow, die 2015 veröffentlicht wurde, das skulpturale Modell des Raums des Rosa’s House of Culture Once upon a time, after we left, Fotocollagen Here-There und Textilrollen-Tagebücher, die die Arbeit des Kulturhauses dokumentieren. Zu sehen sind auch Originalvorhänge, die 2015 von der Genossenschaft Shwemi (St. Petersburg-Kiew) für Rosa’s House of Culture hergestellt wurden.
Diese Ausstellung ist ein Versuch, ein affektives poetisches Archiv zu schaffen, von dem wir hoffen, dass es in der Lage ist, unsere Bestrebungen, unsere verschiedenen Praktiken und unser intensives Miteinander zu vermitteln. Diese Erinnerungen helfen uns, in der Situation der Emigration zu lernen, neue Verwandtschaften zu bilden und gemeinsam in Situationen zu handeln, die wir uns noch vor kurzem nicht vorstellen konnten.


Rosa’s House of Culture was a social and educational center founded by the collective Chto Delat in St. Petersburg in 2015. It was forced to cease its activities in May 2022, due to persecution on account of its anti-military position. In the seven years of its existence, Rosa’s House of Culture served as a home to many activists, artists, researchers, poets and musicians; hundreds of events (with a frequency of 8–10 public events per month) were hosted here: lectures, film screenings, parties, shared meals, workshops, union meetings... Our space – which changed its location three times in the city – had become a convivial meeting place where you could sit down to drink tea, read books from the Zetkin library, find like-minded people and start doing something together. Now, we revisit our experience of co-living, education and political confrontation, trying to figure out how a community that has lost its home and habitat can survive. 

The exhibition features a poetic slide show based on the documentation of the activities at the Rosa’s House of Culture and the events realized by its participants at various associated venues. Also included in the exposition is a wall paper based on the newspaper Houses of Culture. Yesterday-Now-Tomorrow published in 2015, the sculptural model of the Rosa’s House of Culture Once upon a time, after we left, photo collages Here-There and textile scroll diaries documenting the work of the House of Culture. Likewise on display are original curtains made by the Shwemi Cooperative (St. Petersburg-Kyiv) for Rosa’s House of Culture in 2015. 

This exhibition is an attempt to create an affective poetic archive that we hope is able to convey our aspirations, our different practices, our intense togetherness. These memories help us in the situation of emigration to learn, to form new kinships and to act together in situations we couldn't have imagined just a short time ago.




















Ilia Dolgov – Compound Selves: The Cichlasoma Accident

Eine multimodale Schrift


„Was sich in mir bewegt, bewegt sich in dir“, sagt* Kabir, ein klassischer indischer ekstatischer Dichter. Diese eine Zeile stellt eine Differenz zwischen dir und mir her, entwirft eine Logistik für eine dynamische, intime Solidarität zwischen dir und mir, aber vor allem erkennt sie die Wirkung des Was-etwas an, ohne das es weder eine Differenz noch eine Verbindung geben wird. Nehmen wir an, wir nähern uns dem Kruzhok-Phänomen mit Hilfe von Kabirs transzendental-libidinalem Mapping. Dann werden wir in der Lage sein, uns an das Was zu erinnern (ach, wir wussten es so gut, aber wir haben uns bemüht, es nicht zu tun), worin das Geheimnis dieser seltsamen Gemeinschaften besteht. Die „dritte Person“, das „Es“, das – durch Laichtänze von Aquarienfischen, unersättlichen menschlichen Neid, stille, aber katastrophale Pflanzeninfektionen, hybride Formen von leidenschaftlichem Wissen und intuitiven Technologien, unbeholfen mutierte Urszenen – ein zusammengesetztes Selbst von so eigentümlichen und kontroversen Qualitäten entzündet, dass die Komplizen für immer von seinem Echo heimgesucht werden. Aber sind diese Echos es nicht wert, dass man ihnen zuhört, da sie uns immer wieder zu übermenschlichen libidinösen Gemeinschaften verführen? Hören wir zunächst ein weinendes Kind auf einer Tanzfläche. *Englische Variante von Robert Bly


A multimodal writing

“What moves inside me moves inside you”, says Kabir*, a classic Indian ecstatic poet. The single line establishes a difference between you and me, schemes a logistics for a dynamic intimate solidarity between you and me, but, first of all, it acknowledges the agency of what-something, without which there will be neither a difference nor a connection. Suppose we approach the kruzhok phenomenon using Kabir’s transcendent-libidinal mapping. In that case, we will be able to recall the what (ah, we knew it so well but worked hard not to use it) fostering the mystery of those strange communities. The “third person”, the “it” which – operating via aquarium fish spawning dances, insatiable human envy, silent-yet-disastrous plant infections, hybrid forms of passionate knowledge and intuitive technologies, awkwardly mutated primal scenes – ignites a compound self of such peculiar and controversial qualities that accomplices will be haunted by its echoes forever. But aren’t those echoes worth listening to since they keep seducing us into more-than-human libidinal communities? Let’s first hear a kid crying on a dance floor. *English variation by Robert Bly




















Berit Fischer – Radical Empathy Lab / Labor für Radikale Empathie

Das Radical Empathy Lab (REL) ist ein nomadisches sozio-ökologisches und experimentelles Labor, das eine ganzheitliche Wissensproduktion aktiviert. 


Das Lab lädt zu einer affektiven Begegnung ein, die ein beziehungsorientiertes Lernen umfasst und den fühlenden Körper durch ganzheitliche und disziplinübergreifende Praktiken miteinbezieht. Durch Praktiken, die z.B. vom Deep Listening und alternativen Pädagogiken inspiriert sind, erprobt REL spielerisch die Rückbesinnung an das Sinnliche und Erfahrbare. Es versucht, ein kritisches Bewusstsein für Verwobenheit und das, was die brasilianische Theoretikerin Suely Rolnik eine „aktive Mikropolitik“ nennt, zu aktivieren. REL bewegt sich durch Zeit und Raum als Frage, als Slogan, als Intervention, als Aktion, als affektive Begegnung und als Ort, der es erlaubt zu erforschen, wie man eine Mikropolitik und ein ganzheitliches Verständnis von Empathie als „affektive Übersetzung“ (Carolyn Pedwell) aktivieren kann.


Radical Empathy Lab (REL) is a nomadic socio-ecological and experimental lab that seeks to activate a holistic knowledge production. 

Radical Empathy Lab invites to an affective encounter that embraces relational – versus informational – learning, and that in-corpo-rates the sensing body through transdisciplinary holistic advances that are intertwined with the cognitive. Through practices inspired, for instance, by Deep Listening and alternative pedagogies, the lab playfully rehearses the reconnection to the sensual and experiential and seeks to activate a critical consciousness towards interconnectedness and what Brazilian theorist Suely Rolnik calls an “active micropolitics”.REL moves through time and space as a question, a slogan, an intervention, as actions, as affective encounter and as place that allows to explore how to activate a micropolitical and a holistic making and understanding of empathy as “affective translation” (Carolyn Pedwell).




















Andreas Fogarasi – Kultur und Freizeit (Culture and Leisure)

Sechs Video-Essays, 2006

A Machine for – 8:00 min

Workers’ Club – 4:00 min

Arbeiter verlassen das Kulturhaus – 5:20 min

Periphery – 6:00 min


Kultur und Freizeit besteht aus einer Reihe von Videos über Kultur- und Bildungshäuser in Budapest. Aufbauend auf der Tradition der Arbeiterklubs des 19. Jahrhunderts wurden diese ab den fünfziger Jahren flächendeckend über die Stadt verteilt und dienten der Bildung, Aufklärung und Zerstreuung der arbeitenden Massen. Innerhalb dieser rigiden Strukturen entwickelte sich aber auch ein wichtiger Teil der inoffiziellen Kulturszene der sechziger, siebziger und achtziger Jahre. Seit 1989 haben sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen dieser Institutionen radikal verändert, viele mussten zusperren, andere kämpfen um öffentliche Förderungen und zahlende Besucher. Die Architektur dieser Bauten erzählt von Programmierung, der ästhetischen und strukturellen Vorstellung ihrer Erbauer und Nutzer und stellt auch die Frage, welche Räume wir für Kultur fordern, wie diese sich repräsentieren und welche Kultur wir eigentlich meinen.


Die sechs kurzen Video-Essays (von denen vier in der Ausstellung zu sehen sind) verbinden Aufnahmen der Gebäude mit sparsam eingesetzten textuellen Elementen, Voiceover und Zwischentitel, die historische Informationen geben, aber auch über Nutzung und Gegenwart reflektieren.


Die Wandtexte „UFO Club“, „pottery, drawing, singing, chess“ und „there was at the same time“ sind Zwischentiteln der Filme entnommen und rufen noch einmal die spezielle programmatische Vielfalt der Kulturhäuser in Erinnerung ebenso wie ihre ambivalente Situation von Freiheit und Kontrolle. 


Kultur und Freizeit (Culture and Leisure) consists of a series of videos about Houses of Culture and educational centres in Budapest. Based on the tradition of nineteenth-century workers’ clubs, these began to be built throughout the city from the nineteen-fifties on and were used for the education, enlightenment and distraction of the working masses. However, an important part of the inofficial cultural scene of the sixties, seventies and eighties, also developed within these rigid structures. Yet the general conditions of these institutions have changed radically since 1989: many had to close their doors, while others are still fighting for public support and paying visitors. The architecture of these buildings tells of programming, of the aesthetic and structural ideas conceived by their builders and users. It asks which spaces for culture we claim, how they represent themselves and which culture we actually have in mind. 


The six short video essays (four are on view in the exhibition) combine shots of the buildings with sparingly used textual elements, voiceovers and intertitles which provide historical information, but also reflect on their use and the present.


The wall texts “UFO Club”, “pottery, drawing, singing, chess” and “there was at the same time” are derived from the films’ intertitles and once again recall the special programmatic diversity offered by the Houses of Culture, as well as their ambivalent situation between freedom and control.




















Abrie Fourie – MAPSA Bricks & Books


Modern Art Projects South Africa (MAPSA) ist eine gemeinnützige Organisation, die sich für die Förderung und Unterstützung zeitgenössischer Kunst in Südafrika einsetzt. MAPSA wurde 2005 von dem Kunstmäzen Harrie Siertsema und dem Künstler Abrie Fourie gegründet und hat seinen Sitz in Richmond, Nordkap, in der Karoo (einer Halbwüste). Die Organisation bietet etablierten und aufstrebenden Künstlern eine einzigartige und unschätzbare Plattform für Ausstellungen, Residenzen und Publikationen. MAPSA ist bekannt für seinen innovativen Ansatz, Kunstwerke in unkonventionellen Umgebungen zu präsentieren und die lokale Gemeinschaft durch verschiedene Kultur- und Bildungsprojekte einzubeziehen. Als Mittel zur kulturellen Förderung bietet MAPSA kreative und kommerzielle Möglichkeiten, insbesondere für aufstrebende Künstler, und weckt Hoffnung und fördert den Sinn für Möglichkeiten. 

Bei den Initiativen von MAPSA geht es nicht nur um Kunst, sondern auch um die Förderung der kleinen Gemeinde Richmond, einer entrechteten Stadt, die sich nach Möglichkeiten sehnt, das Leben ihrer Einwohner zu verbessern. Im Jahr 2012 ging MAPSA eine Partnerschaft mit einem lokalen Tonziegelhersteller ein und schuf Alphabet Bricks. Südafrikanische und internationale Künstler haben mit diesen Ziegeln verschiedene Kunstwerke geschaffen. Aus dieser Zusammenarbeit entwickelte sich das Clay Brick Lab, in dem Künstler, Designer, Architekten und Kunsthandwerker mit lokalen Ziegelherstellern zusammenarbeiten, um das Potenzial der traditionellen Ziegelherstellung für zeitgenössische Kunst, Design und Architektur zu erkunden. Im Jahr 2013 startete MAPSA ein lokales Buchbindungsprojekt, bei dem Frauen die Kunst des Buchbindens vermittelt wird. Im Rahmen des Projekts werden aus recycelten Materialien wie gebrauchten Kartoffelsäcken und Papierabfällen schön gestaltete Bücher hergestellt. Das Projekt wird von Frauen geleitet und bietet ihnen und ihren Familien ein Einkommen. 


Modern Art Projects South Africa (MAPSA) is a non-profit organization committed to promoting and supporting contemporary art in South Africa. Established in 2005 by art patron Harrie Siertsema and artist Abrie Fourie, MAPSA is based in Richmond, Northern Cape, in the Karoo (a semi-desert.) The organization offers established and emerging artists a unique and invaluable platform through exhibitions, residencies and publications. MAPSA is renowned for its innovative approach, showcasing artworks in non-traditional settings and engaging with the local community through various cultural and educational projects. As a vehicle for cultural upliftment, MAPSA provides creative and commercial opportunities, particularly for emerging artists, inspiring hope and fostering a sense of possibility. 

MAPSA’s initiatives are not just about art; they are about supporting the small community of Richmond, a disenfranchised town yearning for opportunities to enhance the lives of its residents. In 2012, MAPSA partnered with a local clay brickmaking business, creating Alphabet Bricks. South African and international artists have used these bricks to create various artworks. This collaboration evolved into the Clay Brick Lab, where artists, designers, architects and artisans join forces with local brickmakers to explore the potential of traditional brickmaking in contemporary art, design, and architecture. In 2013, MAPSA launched a local bookbinding project, empowering women with the skill of bookbinding. The project produces beautifully crafted books from recycled materials, such as used potato bags and paper waste. The project is led by women, providing them and their families an income. 




















Katya Gardea Browne 


Katya Gardea BrownesA Floating Garden & Exchange of Seeds verschränkt ihre künstlerische Arbeit mit dem Projekt CuemancoXochimilco in Mexico – einem Projekt, das 2018 ins Leben gerufen wurde, um das Bewusstsein zu schärfen und dem möglichen Verschwinden des Xochimilcan-Ökosystems in Mexiko entgegenzuwirken, das eine Heimat für Zugvögel in Mittelamerika, Bienen und Bestäuber ist. Es nutzt die alten traditionellen Anbaumethoden im Tal von Mexiko. 

Das Projekt berücksichtigt den urbanen Bürgerbauern, die lokale Umwelt von Xochimilco, den Respekt und die Integrität alter Wissensformen und eine Form des „gerechten Handels“ (Comercio Justo), um eine nachhaltige, nicht-intermediäre wirtschaftliche Sicherheit für die lokale Landwirtschaft zu schaffen, als horizontale Plattform, die von Bürgern und Gleichgesinnten unterstützt wird. 

Dafür wurde die Idee des „Schwimmenden Gartens“ aufgegriffen, der als bewegliche Struktur und als Filter auf einem großen Gewässer fungieren sowie Tiere, Biofilter und Pflanzen innerhalb seines einzigartigen Systems beherbergen kann. Große Wasserflächen und Böden müssen regeneriert werden, und dies kann ein Konzept der Aussaat, der Regeneration von Ökosystemen sein, das einer Stadt hilft, den Auswirkungen der Verschmutzung und des Temperaturanstiegs in einer Zeit der globalen Erwärmung entgegenzuwirken. 

Die Idee ist, eine Insel als einen Raum für horizontalen Handel mit dem Austausch von Saatgut, die Rettung von altem Wissen und für neue Ideen zu schaffen, um die eigene Handlungsfähigkeit als sozialer Bürger und als Individuum zurückzuerobern.


Katya Gardea Browne’s A Floating Garden & Exchange of Seeds interweaves her artistic work with the Cuemanco Xochimilco project in Mexico – a project that was launched in 2018 to raise awareness and counteract the possible disappearance of the Xochimilcan ecosystem in Mexico, which is home to migratory birds in Central America, bees and pollinators. It utilizes the old traditional farming methods in the Valley of Mexico. 

The project takes into account the urban citizen farmer, the local environment of Xochimilco, the respect and integrity of ancient forms of knowledge and a form of “just trade” (comercio justo) to create a sustainable, non-intermediated economic security for local agriculture, as a horizontal platform supported by citizens and like-minded people.

To this end, the idea of the “floating garden” was taken up, which can act as a movable structure and filter on a large body of water, harbouring animals, biofilters and plants within its unique system. Large bodies of water and soil need to be regenerated and this can be a concept of seeding and regenerating ecosystems that helps a city counteract the effects of pollution and rising temperatures in a time of global warming. 

The idea is to create an island as a space for horizontal trade with the exchange of seeds, for the rescue of old knowledge and for new ideas, in order to reclaim one’s own agency as a social citizen and individual.

@chinampas_en_movimiento




















Oskar Helcel & Martin Netočný –Enlightenment, Culture, Leisure: Houses of Culture in Czechoslovakia


Das Projekt, das Phänomens der tschechischen und slowakischen Kulturhäuser fotografisch zu dokumentieren, wurde von 2017 bis 2024 realisiert. In diesen Jahren wurden fast sechzig Objekte erfasst, die im Rahmen staatlicher Programme zur Verbreitung des spätmodernistischen Konzepts des öffentlichen Raums gebaut wurden. Mehr als die strenge historiografische Abgrenzung der Epoche zwischen 1948 und 1989 konzentriert sich das vorgestellte Projekt auf die zerstörte Idee der gemeinsamen Freizeit im Zuge des Wandels der geopolitischen Bedingungen in den späten 80er Jahren. Dies bedeutet unter anderem, dass die so genannten Kulturhäuser nicht nur als Erbe der sozialistischen Epoche beider nationaler Gesellschaften präsentiert werden, sondern als eine Idee gemeinsamer Sphären in einem erweiterten Feld, das im späten 19. Jahrhundert begann und heute durch den aufkommenden Boom virtueller Technologien ersetzt wird. 

Der wichtigste Leitfaden für die visuelle Darstellung einer solch komplizierten und vielschichtigen Problematik basierte auf der Entwicklung einer spezifischen qualitativen Methode zur Erforschung der Fähigkeiten der materiellen Performativität und der internen semiotischen Systeme. Was die Performativität betrifft, so wurde einer der wichtigsten Prozesse in der Überlagerung früherer Bedeutungen durch solche verfolgt, die offensichtlich aktueller sind und den heutigen operativen und ästhetischen Anforderungen entsprechen. Mit anderen Worten: Das Phänomen Kulturhaus wurde als ein sich selbst transformierender Apparat beobachtet. Und bestimmte Schritte in dieser Transformation wurden dann genutzt, um verborgenes Wissen über die frühere Konzeption des öffentlichen Raums aufzudecken.


The project of photographically documenting the phenomenon of Czech and Slovak cultural houses was realized from 2017 to 2024. During those years nearly sixty buildings developed in the scope of state programs aimed at disseminating the late modernist concept of public space were recorded. Beyond a strict and historiographical delineation of the era between 1948 and 1989, the presented project is focused on the ruined idea of shared leisure time, affected by changing geopolitical conditions in the late 80s. This implies, not least, that the so-called houses of culture are not just presented as a heritage of the socialist epoch of both these national societies, but rather as an idea of communal spheres in an expanded field beginning in late 19th century and replaced by the upcoming boom of virtual technologies nowadays.

The main guideline for the visual representation of such a complicated and multi-layered problematic was based on developing a specific qualitative method for conducting research on material performativity abilities and internal semiotic systems. Regarding performativity, one of the most important processes was traced in the overlaying of previous meanings by such which are apparently more up-to-date and thus meet today’s operational and aesthetic requirements. In other words, the phenomenon of houses of culture was observed as an apparatus transforming itself. And particular steps in this transformation were then used for uncovering hidden knowledge about past conceptions of public space.




















Dana Kavelina – Why There are no Monuments to Monuments / Warum es keine Monumente für Monumente gibt

Zweikanal-Video, 2021, 35'


„Ein Denkmal hat eine Katastrophe geheiratet und ist dann gestorben, und jetzt ist die Katastrophe allein, sie betrinkt sich und grinst, sie geht nirgendwo hin.“ Why There are no Monuments to Monuments beginnt mit Nahaufnahmen der Stadtlandschaft, der Oberflächen von Gebäuden, verschwommenen Lichtreflexen in den Pfützen, Fragmenten von Kiewer Denkmälern. Der geteilte Bildschirm kanalisiert die Kommentare von Fußgängern und vertrauten Personen über das Leben der großen und kleinen Denkmäler der Stadt. Das historische Gedächtnis wird als gemeinsame Figur animiert, aber auch zerstückelt und partikularisiert durch den obsessiven Wunsch, die steinernen Körper der historischen Figuren zu bewohnen und sich wieder anzueignen.


“A monument married a catastrophe and then died, and now catastrophe is left alone, she gets drunk and grins, she is not going anywhere.” Why There are no Monuments to Monuments opens with close-ups of the cityscape, surfaces of buildings, blurry light reflections in puddles, fragments of Kyiv’s monuments. The split screen channels the comments of pedestrians and familiar characters on the life of the city’s major and minor monuments. Historical memory is animated as a common figure but also dismembered and particularized by an obsessive desire to inhabit and reappropriate the stony bodies of historical figures.




















Sarat Maharaj & Ecke Bonk


Ein Schlüsselprojekt für die Auseinandersetzung mit der Theorie/Praxis-Frage „visuelle Kunstpraxis als Modus der Wissensproduktion“ war die Rekonstruktion bzw. Wiederaufführung des Apartheidera-Kunstgeschichtssaals auf Salisbury Island, Durban, am University College for Blacks of Indian Origin. Der AAH-Saal markierte einen historischen Höhepunkt in der von der Apartheidregierung betriebenen Segregation aller Bildungseinrichtungen nach Rasse, Hautfarbe und ethnischer Zugehörigkeit. Der Rekonstruktion/Re-Inszenierung des AAH-Raums lag eine leicht verschwommene Fotokopie zugrunde, die Clifford Charles, ein südafrikanischer Künstler, der mit Okwui Enwezor an der Johannesburg Biennale (1997) gearbeitet hatte, mühsam aus dem Universitätsarchiv beschafft hatte. Es handelt sich um die Kopie einer Fotokopie eines Fotos, das wahrscheinlich 1971 aufgenommen wurde, und zwar am Vorabend des Umzugs der Universität auf den neuen segregierten Campus in Durban-Westville. Nach dem Ende der Apartheid wurde die Segregation aufgehoben und die Universität als University of Kwa Zulu, Natal neu gegründet. 

Die „Rekonstruktion“ des AAH-Raums war Anlass, eine Reihe von Fragen zu untersuchen: Ansätze zur „kritischen Differenz“ versus die Apartheidbehandlung der „rassifizierten Differenz“ versus den Aufstieg des multikulturellen Managerialismus in Europa. 

Der rote Faden: Wenn die bildende Kunst eine Form der Wissensproduktion ist, welche Art von Wissen produziert sie dann? Wie kann sie sich mit anderen akademischen Disziplinen auseinandersetzen, ohne sie einfach zu spiegeln? Worin besteht ihre „kritische Differenz“ gegenüber anderen akademischen Disziplinen? Welche Art von Wissen wird im Prozess des Nachdenkens über die Praxis der bildenden Kunst produziert?


A key project for airing the theory/practice poser “visual art practice as a mode of knowledge production” was the reconstruction or re-enactment of the Apartheidera Art History Room on Salisbury Island, Durban at the University College for Blacks of Indian Origin. The AAH Room marked a historical highpoint in the Apartheid government’s segregation of all educational institutions according to race, colour and ethnicity. The AAH Room reconstruction/re-enactment was based on a slightly blurry photocopy of an archive photograph of the room obtained with some difficulty from the University archive by Clifford Charles, a South African artist, who had worked with Okwui Enwezor on the Johannesburg Biennale (1997). The image of the AAH Room is a copy of a photocopy of a photograph most likely taken in 1971. This was on the eve of the University’s move to the new segregated campus at Durban-Westville. With the end of Apartheid, it would be desegregated and reconstituted as the University of Kwa Zulu, Natal. 

The AAH Room “reconstruction” was an occasion to explore a range questions: approaches to “critical difference” versus the Apartheid treatment of “racialized difference” versus the rise of multicultural managerialism in Europe. 

The central thread: If visual arts are a form of knowledge production what sort of knowledge does it produce? How can it engage with other academic disciplines without simply mirroring them? What is its “critical difference”’ vis-à-vis other academic disciplines? What kind of knowledge is produced in the process of thinking through visual art practice?




















Sajan Mani


Museen in Deutschland, wie das Ethnologische Museum in Berlin, die Universität Tübingen oder die Staatsbibliothek in Dresden beherbergen umfangreiche Sammlungen aus dem kolonialen Kontext. Darunter befinden sich Fotografien, die die Lebenserfahrungen der Dalits und indigener Gemeinschaften in Kerala dokumentieren: anthropologische Fotografien mit kolonialen rassistischen Blickregimen sowie Postkarten, Briefe und Palmblattmanuskripte in Malayalam, der Sprache, die in Kerala gesprochen wird und die eine komplexe historische Verbindung zu Deutschland hat. Der deutsche Missionar und Sprachwissenschaftler Hermann Gundert (Hermann Hesses Großvater) standardisierte diese Sprache und veröffentlichte Ende des 19. Jahrhunderts mehrere Bücher in Malayalam, darunter das erste Wörterbuch. Die Bekehrung zum Christentum ermöglichte es den Dalits, denen das Lesen und Schreiben streng verboten war, sich den repressiven sozialen Kastenhierarchien und der wirtschaftlichen Marginalisierung zu entziehen. Dennoch fand auch Gunderts Arbeit in einem kolonialen Kontext statt. Indem er sich mit diesen Fotografien, Materialien und historischen Erzählungen auseinandersetzt, taut Sajan Mani die Zeit auf, stellt die den porträtierten Personen innewohnende Würde wieder her und verankert die Erinnerungen und Hinterlassenschaften der Vorfahren im Zentrum seines kreativen Prozesses.

Er untergräbt die unterdrückerischen Strukturen kolonialer rassistischer Sichtweisen und überträgt deren visuelle Darstellungen auf natürliche Rohgummiplatten, ein Medium, das eine tiefe Verbindung zum Vermächtnis der Arbeit seiner Familie aufweist. Sajan Mani stammt aus einer Familie von Kautschukzapfern in einem Dorf im Norden Keralas und sein künstlerischer Weg ist eng mit der Bedeutung von Kautschuk verknüpft. Dieses Material spielt nicht nur eine zentrale Rolle in seiner kreativen Arbeit, sondern ist auch mit einer komplexen historischen Verbindung zum extraktiven Kolonialismus verbunden. Das Wissen über die Kautschukproduktion wurde den indigenen Gemeinschaften in Südamerika geraubt und für die Nutzung der Kautschukvorkommen in asiatischen Kolonien angewendet. In den mesoamerikanischen Kulturen hatte der Kautschuksaft eine geheimnisvolle und heilige Bedeutung, die in spirituelle Praktiken eingeflochten war. Heute findet er im Gedächtnis von Sajan Mani einen sinnlichen Widerhall und enthält geschichtliche, traditionelle und kulturelle Bedeutungsebenen, die er als bereichernde künstlerische Ausdrucksmittel nutzt.

Für „Clubs der Zukunft“ überträgt der Künstler diese Versuche des Gegenblicks auf andere Medien und bietet neue Vorstellungsräume in diesen verwirrten provinziellen europäischen Räumen. 


Museums in Germany such as the Ethnological Museum in Berlin, the University of Tübingen or State Library in Dresden house vast collections from colonial contexts. Among these are photographs that chronicle the experiences of marginalized Dalit and indigenous communities in Kerala, anthropological photographs with colonial racist gaze regimes as well as postcards, letters and palm leaf manuscripts in Malayalam, the language which is spoken in Kerala and carries a complex historical connection to Germany. The German missionary and linguist Hermann Gundert (Hermann Hesse’s grandfather) standardized Malayalam and published several books in Malayalam at the end of the 19th century, including the first dictionary. Conversion to Christianity enabled Dalits, who were strictly forbidden to read and write, to leave repressive social caste hierarchies and evade economic marginalization. Nevertheless, also Gundert’s work took place in a colonial context. Engaging with these photographs, materials and historical narratives, Sajan Mani unfreezes time and, anchoring ancestral memories and remnants at the core of his creative process, reinstates the inherent dignity of the individuals portrayed. 

He subverts the oppressive structures of colonial racist perspectives and transfers these visual representations onto natural raw rubber sheets, a medium that bears a profound connection to his family’s legacy of labour. Hailing from a family of rubber tappers in a northern Keralan village, Sajan Mani’s artistic journey is profoundly intertwined with the significance of rubber. This material not only plays a central role in his creative work but also holds a complex historical connection to extractive colonialism. The knowledge of rubber production was plundered from indigenous communities in South America and used to exploit rubber deposits in Asian colonies.In Mesoamerican cultures the indigenous sap held a mysterious and sacred significance, woven into spiritual practices. Today, it finds a sensorial resonance in the realm of Sajan Mani’s memory, carrying layers of history, tradition and cultural significance that enrich his artistic expression.

For Clubs of the Future artist translates these counter gaze attempts to other mediums, thus offering new spaces of imagination in these confused provincial European spaces.

sajanmani.com



















MITKUNSTZENTRALE


Form follows material: Wir lernen aus und mit dem Material. Der Entwurfsprozess ist orientiert an gebrauchtem Material aller Art. Wir probieren aus, experimentieren, collagieren. Wir schreddern Material und setzen es mit Pilzen wieder zusammen. Wir sammeln es, lagern es. Bis klar ist, was daraus wird. Denn Nachnutzung verstehen wir als eine Haltung, die es erforderlich macht, immer wieder in Aushandlung mit dem Material zu treten und zukünftige Nutzungsprozesse mitzudenken.

Die MITKUNSTZENTRALE – als Teil der Initiativen und Projekte des Haus der Statistik / Haus der Materialisierung in Berlin-Mitte – versteht sich zugleich als Atelier, Labor, Projektraum, Ausstellungsort und Diskussionsforum für die drängenden Fragen urbaner gesellschaftlicher Zukunft aus künstlerischer und gestalterischer Perspektive.

Mit einem grundsätzlich kollaborativen Ansatz arbeiten neben Künstler*innen und Designer*innen auch Soziolog*innen, Naturwissenschaftler*innen, Architekt*innen und Stadtplaner*innen an einer Revision gängiger Praxen und Strategien für zukünftiges Wachstum. Das radikale Umdenken vom Verbrauch zum Re-Use, von der Ausbeutung von Ressourcen zu einem nachhaltigen Umgang mit Lebewesen, Material, Energien und Konzepten bestimmt die Grundlagen gemeinsamen Denkens, Diskutierens und Arbeitens. Neben der diskursiven Praxis stehen konkrete Materialforschungen, Recyclingprozesse und Recherchen zu Standorten, urbanen Nachbarschaften und historischen Einschreibungen.Text von Ralf Hartmann, 2024


Form follows material: we learn from and with the material. The design process is orientated towards used materials of all kinds. We try things out, experiment, use collage. We shred material and reassemble it with mushrooms. We collect it, store it. Until it is clear what it will be used for. We understand re-use as an approach that requires us to engage in ongoing dialogue with materials and to envisage future usage processes.

The MITKUNSTZENTRALE – belonging to the initiatives and projects of Haus der Statistik / Haus der Materialisierung in Berlin-Mitte – understands itself as a studio, laboratory, project space, exhibition venue and discussion forum for pressing questions related to the future of urban societies from an artistic and design perspective.

Adopting an inherently collaborative approach, artists, designers, sociologists, natural scientists, architects and urban planners are involved in a revision of current practices and strategies for future growth. A radical rethink from consumption to re-use – from the exploitation of resources to a sustainable approach in dealing with living beings, materials, energies and concepts – is the determining factor underlying the principles of how to reason, discuss and work together. In addition to the discursive practice there is concrete research on materials, recycling processes and into locations, urban neighbourhoods and historical inscriptions. Text by Ralf Hartmann, 2024




















Henrike Naumann


Henrike Naumann reflektiert gesellschaftspolitische Probleme auf der Ebene von Design und Interieur und erkundet das Reibungsverhältnis entgegengesetzter politischer Meinungen im Umgang mit Geschmack und persönlicher Alltagsästhetik. In ihren immersiven Installationen arrangiert sie Möbel und Objekte zu szenografischen Räumen, in welche sie Video- und Soundarbeiten integriert. Ihre Praxis reflektiert die Mechanismen der Radikalisierung und deren Zusammenhang mit persönlicher Erfahrung.

2023 wurde die Künstlerin von den Filmemacher*innen Roman Khimey und Yarema Malashchuk für einen Beitrag zur Kyiv Biennale eingeladen. Ihr Performance-Projekt im Drama-Theater in der westukrainischen Stadt Iwano-Frankiwsk setzt sich mit der Situation in einem im Kriegszustand begriffenen Land auseinander. Sie lud dezidiert nur männliche ukrainische Akteure ein, die das Land nicht verlassen dürfen. 

Der Titel der Performance Breathe referiert auf das gleichnamige Stück der britischen Band The Prodigy, das diese zuerst 1995 bei einem Auftritt während des Jugoslawien-Kriegs in Sarajevo spielte. Den Sound von Naumanns Inszenierung bilden die harten, bisweilen an Gewehrsalven erinnernde elektronische und Schlagzeug-Beats des Powerhouse Drummers Si Process aus Kiew, die viele Soldaten während des Kämpfens hören. Si Process spielt live im Foyer des Theaters, das 1939 im Stil des sowjetischen Modernismus mit Bezügen auf regionale Traditionen errichtet wurde. Einem archaisierenden Traditionalismus folgt ein großes Wandrelief mit bäuerlichen Szenen, die von zwei männlichen Performern wie Tableaux Vivants nachgestellt werden. Schließlich rennen die beiden fluchtartig davon, wie verzweifelt den nicht vorhandenen Ausgang suchend, bevor sie das Mobiliar des Foyers zu einer barrikadenartigen Skulptur zusammenräumen, die an Naumanns Möbelinstallationen erinnert. 


Henrike Naumann articulates socio-political problems on the level of design and interior, and explores conflicting political opinions in relation to taste and personal everyday aesthetics. In her immersive installations, she arranges furniture and objects to create scenographic spaces into which she also integrates video and sound works. Her practice mirrors mechanisms of radicalization and their correlation with personal experience.

In 2023, the artist was invited by filmmakers Roman Khimey and Yarema Malashchuk to contribute to the Kyiv Biennale. Her performance project staged in the drama theatre in the western Ukrainian city of Ivano-Frankivsk examined the situation in a country at war. She specifically invited only male Ukrainian actors who are not allowed to leave the country.

The title of the performance Breathe refers to the eponymous piece by the British band The Prodigy, first played in 1995 during their performance in Sarajevo, during the war in Yugoslavia. The sound of Naumann’s production is based on hard electronic and drum beats – in parts reminiscent of the volleys of gunfire many soldiers hear while fighting – a played by powerhouse drummer Si Process from Kiev. Si Process plays live in the foyer of the theatre, originally built in 1939 in the style of Soviet modernism with references to regional traditions. In line with this archaizing traditionalism is a large wall relief featuring peasant scenes which are, in turn, re-enacted like tableaux vivants by two male performers. Finally, both of them run away in a hurry, desperately searching for the non-existent exit, before they assemble the foyer’s furniture into a barricade-like sculpture reminiscent of Naumann’s furniture installations.



















Andrea Pichl – Klub Zukunft (Future Club)

Glasfaser, Sperrholz, verspiegelte Glasfaser, Acrylglas, Projektionen, Stoff, 2014


In der Arbeit Klub Zukunft werden die Maße einer Standard-Zweizimmerwohnung der geläufigen ostdeutschen Wohnungsbauserie 70 und einer Zweizimmerwohnung eines Plattenbaus der Co-op City in der Bronx in New York sowie einer Zweizimmerwohnung der Plattenbauten in Ballymun in einem Vorort von Dublin im Maßstab 1:6 reproduziert und übereinander gelegt.
Bedruckte Stoffe und projizierte Fotografien zeigen architektonische Details aus sozialen Wohnungsbauprojekten in Dublin, New York und London einerseits und aus sozialistischen Wohnungsbauprogrammen in der DDR und Taschkent andererseits. Dabei werden strukturelle Ähnlichkeiten und feine Unterschiede zwischen den in den verschiedenen politischen Systemen angewandten modularen Bauweisen deutlich. Was diese Skulptur in den Mittelpunkt rückt, ist die Widersprüchlichkeit von Massenwohnungsbauprojekten: das damit verbundene Wohlstandsversprechen und die Ernüchterung im Alltag. (Andrea Pichl)


Fibreglass, plywood, mirrored fibreglass, acrylic glass, projections, fabric, 2014

In the work Klub Zukunft (Future Club), the dimensions of a standard two-room apartment of the ubiquitous East German housing series 70 and a two-room apartment of a prefabricated building from Co-op City in the Bronx in New York along with a two-room apartment of the prefabricated buildings in Ballymun in the suburbs of Dublin are reproduced on a scale of 1:6 and superimposed.
Printed fabrics and photographs consisting of different materials and surfaces projected onto the panel show architectural details from social housing projects in Paris and Dublin, New York and London on the one hand, and from socialist housing programs in the GDR and Tashkent, Uzbekistan on the other. This reveals structural similarities and fine distinctions between modular construction methods used in different political systems. What this sculpture brings into focus is the contradiction underlying mass-housing projects: the promise of prosperity associated with them, in some way or another, and the disenchantment in everyday life. (Andrea Pichl)




















Elske Rosenfeld – In eigener Sache / Speaking for Ourselves

Posterserie, Wandcollage, 2012/24


Vor einigen Jahren begann ich Zeitschriften aus dem letzten Jahr der DDR, vom Oktober 1989 bis Oktober 1990 zu sammeln. Die für die Ausstellung Kulturhäuser entwickelte Wandcollage besteht aus einigen als Poster ausgedruckten Covern von Hobby- und Naturzeitschiften aus dieser Sammlung, Auszügen aus Leserbriefen und Editorials aus den verwendeten Heften, sowie Fotos einer Intervention in Leipzig 2012, bei der ich die Poster auf leerstehende Ladengeschäfte in der Eisenbahnstraße, einem sogenannten sozialen Brennpunkt in Leipzig-Ost, plakatiert hatte.

„An die Leser und Autoren unserer Zeitschrift

Wir hatten uns vor einigen Wochen im „Bauern-Echo” schon einmal an Sie gewandt. Den Vorteil der Tageszeitung nutzend, wollten wir den einen oder anderen von Ihnen erreichen, um Verständnis zu wecken für die relativ lange Zeit des Schweigens in unserer Zeitschrift seit dem Anbruch so großer und tiefgreifender Umwälzungen in diesem Land. Nun hoffen wir aufrichtig, mit dem Heft 1/90 den Auftakt zu einem neuen „Aufbruch zur Jagd” zu geben. Wir appellieren an Sie, liebe Leser und Autoren, sich an dem ehrlichen Disput um die zukünftige Entwicklung unseres Jagdwesens in kritischer aber sachlicher, sprich wirklich demokratischer Weise zu beteiligen. Wie die zurückliegenden Wochen und Monate zeigen, ist das nicht so einfach, weil man lernen muß, dem anderen zuzuhören, die Meinung des anderen zu akzeptieren. Wir bieten Ihnen die Zeitschrift „Unsere Jagd” dafür als ein Forum des konstruktiven Meinungsstreites, des Suchens nach den besten Lösungen für eine Jagd, die dem Volke gehört.“
Elske Rosenfeld


A few years ago, I began collecting magazines from the last year of the GDR, from October 1989 to October 1990. The wall collage developed for the exhibition Kulturhäuser consists of various covers of hobby and nature magazines from this collection printed as posters, excerpts from letters to the editor and editorials from the magazines used, alongside photos from an intervention in Leipzig in 2012, where I had put the posters up on empty shops in Eisenbahnstraße, a so-called social hotspot in Leipzig East.

„To the readers and authors of our magazine

We already approached you a few weeks ago in the “Bauern-Echo”. Benefiting from the advantages of the daily newspaper, our intention was to reach out to you in order to gain your understanding for the relatively long period of silence in our magazine since the dawn of such major and extensive changes occurring in this country. Now we sincerely hope that issue 1/90 will mark the start of a new “Departure for Hunting”. We appeal to you, dear readers and authors, to take part in this honest debate on the future development of our game hunting in a critical but objective, i.e. truly democratic manner. As the past weeks and months have shown, this is easier said than done, because it involves listening to others and accepting their opinions. We offer you the magazine “Unsere Jagd” (Our Hunt) as a forum for constructive debate and the search for the best solutions for a hunt owned by the people.“
Elske Rosenfeld




















SATELLIT


Der SATELLIT ist ein Ort für Kunst und Kochen, Nachhaltigkeit und Begegnung im Barnimkiez am Volkspark Friedrichshain an dem sich vielfältige Personen, Ideen und Geschichten versammeln. Lokal, selbstorganisiert und mit künstlerischen Mitteln versucht der SATELLIT, den sozialen und klimatischen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen. Der Gastraum und die offene Küchenwerkstatt stehen Interessierten nach individueller, solidarischer Vereinbarung zur Verfügung.

Zu den festen Gastgeber*innen im SATELLIT gehören u.a.: Club МICТЕЧКO (Sprachcafé für ukrainische Berliner*innen, Kreativlabor für Kinder-und Jugendliche); QU Fermentation Berlin; Salon Wilder Weizen (Kunst & Landwirtschaft / Karin Ehrle-Horst); Konzert & Kuchen (Echtzeit-Musik / Mathias Heyden / Hajo Toppius); KiezBrotWerkstatt (Martina della Valle); Line Dance (Kiezoase e.V.); Senior*innenclub Ortsgruppe Barnimkiez der Volkssolidarität; Freitagsküche für Alle / LebensMittelPunkte Berlin; Okulare – ungarisches Laientheater.

Unsere Vision ist es, den SATELLIT kooperativ im Kiez weiter zu entwickeln und zu verstetigen, indem regional-kosmopolitische, nachhaltige Wertschöpfungsketten, künstlerische Workshops und Bildungsformate, fair bezahlte Löhne, gut gemachte, einfache Speisen und eine Vielfalt von Menschen bei den unterschiedlichsten Veranstaltungen und Nutzungen zusammentreffen.


SATELLIT is a place for art and cooking, sustainability and encounters in the Barnimkiez neighboorhood of Volkspark Friedrichshain, where a diversity of people, ideas and stories come together. Local, self-organized and using artistic means, SATELLIT seeks to meet the social and climatic challenges of our time. The guest room and open kitchen workshop are available to interested parties on the basis of individual, solidarity-based arrangements.

Permanent hosts at SATELLIT include, among others: Club МICТЕЧКO (language café for Ukrainian inhabitants, creative laboratory for children and adolescents); QU Fermentation Berlin; Salon Wilder Weizen (art & agriculture / Karin Ehrle-Horst); Konzert & Kuchen (Echtzeit-Musik / Mathias Heyden / Hajo Toppius); KiezBrotWerkstatt (Martina della Valle); Line Dance (Kiezoase e. V.); Senior*innenclub Ortsgruppe Barnimkiez der Volkssolidarität (Seniors’ Club); Freitagsküche für Alle / LebensMittelPunkte Berlin; Okulare – Hungarian amateur theatre.

Our vision is to develop SATELLIT further cooperatively and to make it a permanent point of contact in the neighbourhood, by combining regional-cosmopolitan, sustainable value chains, artistic workshops and educational formats, fair wages, simple but well-prepared food and bringing together a variety of people at a wide range of events and uses.




















Gitte Villesen – It grew fur again, lost it, developed scales, lost them

2021/2022, 24 min


Die Videoarbeit It grew fur again, lost it, developed scales, lost them widmet sich verschiedenen Formen von Empfindsamkeiten und der Science-Fiction-Literatur, u.a. der Autorinnen Suzette Haden Elgin und Octavia E. Butler. Der Film bewegt sich durch eine Reihe von Geschichten, Referenzen und Nacherzählungen aus verschiedenen Bereichen.

Er beginnt mit einer Nacherzählung von Teilen des Romans Native Tongue (1984) von Suzette Haden Elgin, die auch als Linguistin tätig war und die konstruierte Sprache Láadan beschreibt, die Elgin 1982 schuf. Zwei Jahre später veröffentlichte sie den Roman, in dem eine fiktive Gruppe von Linguistinnen jahrelang heimlich eine Sprache namens Láadan entwickelt: eine Sprache, die das ausdrückt, was ihrer Meinung nach eine Sprache ausdrücken können sollte.

It grew fur again, lost it, developed scales, lost them ist nach Deeply immersed in the content of a learning stone (2016/2017) und There is an Affinity (2019) Villesens dritte Arbeit, die sich auf feministische Science-Fiction-Literatur bezieht und diese nacherzählt. Alle drei Videoarbeiten enthalten Passagen aus Romanen von Octavia Butler; ihre Titel sind ebenfalls Zitate aus ihren Romanen.


The video work It grew fur again, lost it, developed scales, lost them is dedicated to various forms of sensibilities and the science fiction literature of authors Suzette Haden Elgin and Octavia E. Butler, among others. The film moves through a series of stories, references and retellings from various fields.

It begins by retelling parts of the novel Native Tongue (1984) by Suzette Haden Elgin, who also worked as a linguistand described the constructed language Láadan which she had created in 1982. Two years later Elgin published the novel featuring a fictional group of female linguists who spend years secretly developing a language called Láadan: a language expressing what they think a language should be able to express.

It grew fur again, lost it, developed scales, lost them is Villensen’s third work, after Deeply immersed in the content of a learning stone (2016/2017) and There is an Affinity (2019), that references and retells feminist science fiction literature. All three video works contain passages from novels by Octavia Butler; their titles are also quotes from her novels.

The work is from 2021/2022 and has a duration of 24 min.




















Ming Wong – KONTAKTHOPE

two-channel video installation, 2010, 22 min

courtesy of Videoart at Midnight Editions


Eine Gruppe von 22 Tänzer*innen, die sich aus Künstlerinnen und Kuratoren in Berlin zusammensetzte, nahm an einem zweitägigen dokumentierten „Tanztheater“-Workshop teil, in dem sie Tanzroutinen aus Pina Bauschs Kontakthof einübten, in denen einfache Alltagsgesten choreografiert werden, um die Beziehungen zwischen Männern und Frauen, Individuen und Gruppen zu erforschen und so die verschiedenen Dynamiken zwischen Künstler*innen und Kurator*innen, die zusammenarbeiten, widerzuspiegeln. In der daraus resultierenden Videoarbeit erstreckt sich die Choreografie über zwei unterschiedliche „Fenster“ von Praxis und Performance.

Casting spielt eine zentrale Rolle in Kontakthof, das 1978 von Pina Bausch für das Tanztheater Wuppertal kreiert, 2000 mit einer Gruppe von Senioren und 2008 mit Teenagern neu besetzt wurde.

Für sein Projekt Kontakthope erweiterte Ming diese Casting-Strategie auf alle in Berlin ansässigen Künstler*innen und Kurator*innen, mit denen er seit seinem Umzug nach Berlin drei Jahre zuvor zusammengearbeitet hat. Die endgültige Besetzung offenbart die Art seines Engagements und seine Positionierung innerhalb der zeitgenössischen Kunstszene in Berlin, die durch seine eigene künstlerische und persönliche Identität beeinflusst wird.


A group of 22 dancers comprising Berlin artists and curators took part in a 2-day documented “dance theatre” workshop where they practiced dance routines drawn from Pina Bausch’s Kontakthof, in which simple everyday gestures are choreographed to explore the relationships between men and women, individuals and groups, thereby mirroring the various dynamics amongt artists and curators who work together. In the resulting video work, the choreography extends across two distinct “windows” of practice and performance.

‘ Casting plays a pivotal role in Kontakthof, first created by Pina Bausch in 1978 for Tanztheater Wuppertal, to be recast with a group of senior citizens in 2000 and with teenagers in 2008.

Extending this strategy of casting for his project Kontakthope, Ming drew the cast from all the artists and curators based in Berlin that he had worked with since moving there three years before. The final cast reveals the nature of his involvement with and his positioning within the contemporary art scene in Berlin, as influenced by his own artistic and personal identity.




















Ina Wudtke – BLACK LIVES AUDIO TRIPTYCH / Part III / Hilarius Gilges


Ina Wudtkes Installation BLACK LIVES AUDIO TRIPTYCH / Part III / Hilarius Gilges legt Spuren der Geschichte Schwarzer Menschen in Deutschland frei und erinnert multidirektional an vergangene und gegenwärtige antirassistische Kämpfe. Die Arbeit aktiviert Archivmaterial, insbesondere Songs, Texte und Fotos zu Hilarius Gilges (1909-1933), einem Schwarzen Antifaschisten aus Düsseldorf, der in der Weimarer Republik Teil der Agitproptruppe Nordwest-Ran unter der Leitung von Wolfgang Langhoff war. 


Ina Wudtke schrieb den Text für das fiktive Audioselbstportrait von Hilarius Gilges. Das Audioportrait wird in einer textilen Audiokabine zu hören sein. Eine Auswahl an Archivfotos von Hilarius Gilges wurden per Laser in den Stoff eingraviert. Der Sprecher, der Gilges in der Arbeit zu neuem Leben erweckt, ist Kofie Bouchie aka Kofie Davibe. Bouchie ist Performer, Tänzer und Choreograf. In Düsseldorf war er 2020 maßgeblich an der Organisation der BLM Demonstrationen beteiligt. 


31. August 2024, 18 Uhr: BLACK LIVES von der Weimarer Republik bis heute. Ein Gespräch zwischen Kofie Davibe und Ina Wudtke.


Ina Wudtke’s installation BLACK LIVES AUDIO TRIPTYCH / Part III / Hilarius Gilges exposes traces of the history of Black people in Germany and serves as a multidirectional reminder of past and present anti-racist struggles. The work revives archive material, in particular songs, texts and photos about Hilarius Gilges (1909-1933), a Black anti-fascist from Düsseldorf who belonged to the agitprop group Nordwest-Ran led by Wolfgang Langhoff during the Weimar Republic.

Ina Wudtke wrote the text for a fictitious audio self-portrait of Hilarius Gilges. The audio portrait can be listened to in a textile audio booth. A selection of archive photos of Hilarius Gilges were laser-engraved into the fabric. The speaker who brings Gilges back to life in the work is Kofie Bouchie aka Kofie Davibe. Bouchie is a performer, dancer and choreographer. In Düsseldorf, he was closely involved in the organization of the BLM demonstrations in 2020. 


31 August 2024, 6 pm: BLACK LIVES from the Weimar Republic to today. A conversation between Kofie Davibe and Ina Wudtke.




















Ina Wudtke – Greif zur Feder / Grab a Pen


Seit 2016 arbeitet die Künstlerin Ina Wudtke an einer Serie von Arbeiten, die sich mit marxistischen Arbeiterschriftsteller:innen in der Weimarer Republik und der Fortführung dieser Tradition in der DDR auseinandersetzt. Ihre Zweikanal-Videoinstallation Greif zur Feder besteht aus einem 2020 gedrehtem Videointerview mit dem Schriftsteller Gerhard Wolf, kombiniert mit einer gefilmten Sammlung von Büchern der sogenannten Ankunftsliteratur der DDR. Wolf geht auf die Zeit von 1959 bis 1962 ein, zu der er gemeinsam mit seiner Frau, der Schriftstellerin Christa Wolf, im Waggonbau Ammendorf in Halle einen „Zirkel schreibender Arbeiter“ betreute.

In der Leseperformance lesen Lucia Peraza Rios und Ina Wudtke Passagen zum Thema Wohnen und Stadt aus den gezeigten Büchern der Videoinstallation von der Weimarer Republik bis in die DDR Zeit reichend.

15. September 2024, 19 Uhr: Reimann, Weinert, Wolf. Leseperformance mit Lucia Peraza Rios und Ina Wudtke


Since 2016, the artist Ina Wudtke has been working on a series of works that deal with Marxist labour writers in the Weimar Republic and the continuation of this tradition in the GDR. Her two-channel video installation Greif zur Feder (Grab a Pen) consists of a video interview with the writer Gerhard Wolf, filmed in 2020, combined with a filmed collection of books from the so-called arrival literature of the GDR. Wolf describes the period from 1959 to 1962, when he and his wife, the writer Christa Wolf, supervised a “circle of writing workers” at the Ammendorf railway carriage factory in Halle. 


In the reading performance, Lucia Peraza Rios and Ina Wudtke will read passages on the topic of housing and the city from the books shown in the video installation, ranging from the Weimar Republic to the GDR era.

15 September 2024, 7 pm: Reimann, Weinert, Wolf. Reading performance with Lucia Peraza Rios and Ina Wudtke.






















Anna Zett – RESONANZ – POSTSOZIALISTISCHE GRUPPENIMPROVISATION  – The Group Was Present


In ihrem partizipativen Forschungsprojekt RESONANZ – POSTSOZIALISTISCHE GRUPPENIMPROVISATION entwickelten die Künstlerin und Autorin Anna Zett und der Performer und Choreograph Hermann Heisig 2020–2021 ein offenes Spielformat für kleinere und größere Gruppen. Persönliche Assoziationen zum gescheiterten Staat DDR, wo die Initiator:innen in den 1980er Jahren aufgewachsen sind, werden gemeinsam aktiviert, beantwortet, losgelassen und in Bewegung versetzt. Je nach Zusammensetzung der Gruppe erweitert sich der thematische Kontext von der DDR auf den internationalen „Osten“. Räumlicher Rahmen einer RESONANZ VERSAMMLUNG ist ein offenes Spielfeld mit 4 modifizierten Stühlen, gestaltet von der Designkollaboration wkc. Im Gegensatz zu einer Gesprächsrunde ist der Ablauf formal durch simple Spielregeln und Instrumente strukturiert, die allen erlauben sich mit verbalen und nonverbalen Mitteln bewusst einzumischen. Im Wechselspiel von dialogischem Erzählen und freier Improvisation entfaltet sich postsozialistisches Gedächtnis hier als ein zwischenmenschlicher, energetischer Prozess. Auf einer VERSAMMLUNG kommen unterschiedliche Erfahrungen und Perspektiven miteinander in Berührung und im Zwischenraum entsteht eine flüchtige Performance, auf die jede:r Einzelne Einfluss nimmt und für deren Verlauf alle Beteiligten gemeinsam die Verantwortung tragen. Ziel des transdisziplinären Forschungsprojekts RESONANZ ist es, dem ideologisch überladenen und – oftmals unbewusst – durch eigene Gewalterfahrungen verhärteten Ost-Diskurs neue Erfahrungsräume zu öffnen, sowohl auf der persönlichen als auch auf der gesellschaftlichen Ebene.


In their participatory research project RESONANCE – POST-SOCIALIST GROUP IMPROVISATION, artist and author Anna Zett together with the performer and choreographer Hermann Heisig developed an open play format for smaller and larger groups in 2020–2021. Personal associations with the failed state of the GDR, where the initiators grew up in the 1980s, are jointly activated, responded to, released and set in motion. Depending on how the group is made up, the thematic context extends from the GDR to the international “East”. The spatial framework of a RESONANCE GATHERING is an open playing field with four modified chairs, designed by the design collaboration wkc. In contrast to usual discussion rounds, the process is structured formally by simple rules and instruments enabling everyone to intervene deliberately through verbal and non-verbal means. Here, in the interplay of dialogue-based storytelling and free improvisation, post-socialist memory unfolds as an interpersonal, energetic process. At a GATHERING, a variety of experiences and perspectives come into contact with one another, creating an ephemeral performance in the space between, a play each individual can influence and for the course of which all participants share responsibility. The objective of the transdisciplinary research project RESONANCE is to open up new realms of experience, both on a personal and societal level, for the ideologically overloaded discourse on Eastern Europe – often tempered even subconsciously by personal experiences of violence.





 

Photos: Ludger Paffrath

Photo: Benjamin Renter

Photo: Benjamin Renter

Photos: Ludger Paffrath

Photo: Abrie Fourie

Photo: Benjamin Renter

Photo: Benjamin Renter

Photo: Ludger Paffrath

Photo: Benjamin Renter

Photo: Benjamin Renter

Photo: Ludger Paffrath

Photo: Ludger Paffrath

Photo: Benjamin Renter

Photo: Benjamin Renter

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Photo: Ludger Paffrath

Photo: Benjamin Renter

Photos: Ludger Paffrath

Photos: Benjamin Renter

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